"Das geistliche Porträt"
Kritik und Verteidigung profaner Bildlichkeit
Gregor M. Lechner
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Trotz der allgemeinen Begeisterung für mythologische Motive im Renaissance- und Barockzeitalter hat es auch im 16. und 17. Jahrhundert nicht an Kritik an "unschicklichen" profanen Bildgegenständen gemangelt. So sieht etwa der Florentiner Dichter Francesco Bracciolini (1566- 1645) die Gefühle eines wahren Christen durch die heidnischen Götter und deren Taten in grober Weise verletzt. In seiner tragik-komischen Dichtung "Dello Scherno de Gli Dei - Poema piacevole" - Von der Verspottung der Götter - Ergötzliches Gedicht - aus den Jahren 1618-1626 übt er in satirischer Form witzige Kritik an antikisierend-mythologischen Tendenzen in der italienischen Renaissanceliteratur.

Bekannte Beispiel wie das Gespött der Götterschar, als sie Mars und Venus in flagranti auf dem Liebeslager unter Vulkans metallenem Netz erblickt, werden vorgeführt. Die Parodie beginnt mit der Rache der Liebesgöttin, die Vulkan an die Äffin Doralice leimt, was ihr zum Freibrief für weitere amouröse Eskapaden wird. Sie liiert sich mit Anchises, dem künftigen Vater ihres Sohnes Äeneas. Juno empört sich über diese Verbindung zwischen Göttin und Mensch und schickt Momos, den Gott der Flüche, um das Glück zu zerstören. Momos aber wird von Anchises' Freunden verjagt und rächt sich durch die Göttin der Nacht, seiner Mutter, die Venus und Amor tötet, die Sterne erlöschen läßt und mit Ausnahme des Sonnengottes auch alle Götter vernichtet.

Ernster sind die durch Kardinal Gabriele Paleotti (1522 - 1597) in seinem 1548 in Bologna erschienenen "Discorso intorno alle imagini sacre e profane ... diviso in 5 libri" vorgebrachten Argumente gegen die "pitture di Giove, di Apolline, Mercurio, Giunone, Cerere, et altri falsi Dei". Besonders sind ihm die "lasziven Malereien" ein Dorn im Auge und Statuen und Bilder von Männern und Frauen, die eine besondere Macht haben, die Sinne zu erregen (Kap. XI). Er widerspricht mit großer Entschiedenheit den Argumenten "der Maler zur Entschuldigung der Darstellung nackter, lasziver oder in unzüchtiger Haltung dargestellter Figuren" (Kap. XXII) und vertritt die Auffassung, daß keine Rechtfertigung dafür gäbe, unzüchtige oder laszive Gegenstände darzustellen (Kap. XXIII-XXIV).

Paleotti ist damit nur der bekannteste Vertreter einer langen Reihe klerikaler Verächter profaner Bildlichkeit, zu denen auch so eminente Persönlichkeiten wie der Humanist Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius II. (1458-1564), der Dominikaner Girolamo Savonarola (1452 - 1498) oder Papst Sixtus V. (1585 - 1590) gehörten. Ein eifriger Gefolgsmann Paleottis ist schließlich der Mantuaner Mönch Antonio Possevino (1593) mit seiner in der Bibliotheca selecta edierten Dissertatio "Tractatus de poesi et pictura ethnica humana et fabulosa, collecta cum vera, honesta et sacra" (Roma 1593).

Eine Antwort auf die Schriften beider erfolgt erst 1652 durch Pietro da Cortona (1597-1669) und den Jesuiten Ottonelli unter den Anagrammen Odomenigico Lelonotti und Britio Prenetteri: "Trattato della pittura e scultura, uso, et abuso loro ... in cui si resolvono molti casi di coscienca intorno al fare e tenere l' immagini sacre e profane", Firenze 1652. Das wichtige Kapitel "Del giuditio che si puo fare dell' immagini de' falsi dei gentili" bringt zur Widerlegung folgende Entkräftungen:

Die Künste betrieben keinen Götterkult und da der Aberglaube an die Götter aus der Welt geschwunden sei, wäre auch das Andenken an sie gefahrlos. Auch hätten die Künstler bei Programmen nie die Wahl, da ihnen Auftraggeber die Figuren der Dekoration ihrer Paläste vorschrieben, und dem Auftraggeber sei in allem zu gehorchen. Außerdem erlaube die Mythologie dem Maler, auf abwechslungsreiche Weise die adäquate Gelehrsamkeit zu entwickeln. Zudem käme den Göttern eine symbolische Intention zu, sie lehren und fördern die Liebe zum Guten und den Haß auf das Böse.

Nicht von ungefähr gesellt sich zu Pietro da Cortona als Verteidiger der Mythologie ein Mitglied der Jesuiten. Deren Erziehungsprogramm bestand darin, bewußt auch "heidnische" Literatur als Teil christlicher Unterweisung zu fördern, weil sie eine Fülle moralischer Regeln enthalte, die "wie der Kern der Frucht" in der Hülle der Erzählung scharfsinnig ver­steckt ist.

Auch solche Literatur dient dem "höheren Ruhme Gottes", wie dies Père Pomey SJ. in seinem "Pantheum mythicum" (Lyon 1675), Père Gaultruche in "L'Histoire poétique pour l' Intelligence des Poètes et des Auteurs anciens" (Caen 1671) oder Pière de Jouvancy im "Appendix de diis et heroi­bus poeticis" für das 18. Jahrhundert betonen.